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Story 171 – 1890 – Prozesse

Vom Produkt­hersteller zum Halbzeug­lieferant

Bleche und Bänder ermöglichen zahlreiche Anwendungen

Stellt Wieland bis Ende des 19. Jahrhunderts noch vorwiegend vielfältige Endprodukte her, ändert sich dies mit dem Ausbau der Band- und Blechwalzkapazitäten. Ein wichtiges Halbzeug werden Patronenstreifen, ein Vorprodukt zur Munitionsherstellung für ein neues Militärgewehr.

Ab 1890 steigt die Produktion von Messingblechen und -bändern im Werk Vöhringen stark an. Ein wesentlicher Grund hierfür ist die ständig steigende Zahl von möglichen Anwendungen. Immer bessere Maschinen zur Metallbearbeitung, neue metallurgische Verfahren, besser ausgebildete Facharbeiter und nicht zuletzt der anhaltende Aufstieg Deutschlands zu einer der führenden Industrienationen schaffen eine enorme Nachfrage.

Deshalb baut Wieland seine Fertigungskapazitäten für Bleche und Bänder stark aus, unter anderem 1895 mit einem zusätzlichen, erstmals dampfbetriebenen Walzwerk. Das Produktportfolio ist um die Jahrhundertwende noch sehr vielfältig und heterogen. Glocken werden noch immer ebenso angeboten wie Pferdegeschirre, Pfannen, Besteck, Lampen, Bügeleisen oder Feuerspritzen. Wieland ist in erster Linie ein Produzent von Endprodukten, Halbzeuge spielen noch eine untergeordnete Rolle. Ihr Anteil lässt sich heute nicht mehr quantifizieren, weil sie in den Verkaufsprospekten und Preislisten jener Zeit nicht auftauchen – und es die Bezeichnung „Halbzeug“ noch gar nicht gibt.

Zu einem wichtigen und umsatzstarken Vorprodukt entwickeln sich ab 1898 Patronenstreifen – aus Messingblech geschnittene Teile zur Munitionsherstellung. Hintergrund ist die Einführung eines neuen Karabiners für die Kaiserliche Infanterie, das als „G 98“ im Ersten und in abgewandelter Form als „K 98“ im Zweiten Weltkrieg traurige Berühmtheit erlangen wird. Von dieser Waffe ordert das Militär riesige Stückzahlen, inklusive der hierfür entwickelten Munition. In Vöhringen werden zur Herstellung der Vorprodukte gleich mehrere spezielle Doppelexzenterpressen aufgestellt.

Dass Wieland hierfür Messingstreifen liefern darf, ist nur möglich, weil man sich einer strengen staatlichen Qualitätskontrolle unterwirft. Ganz zeittypisch sieht man die Rüstungsproduktion nicht kritisch, sondern wirbt auf Briefköpfen und in Prospekten offen damit: Sind doch die hohen Qualitätsanforderungen an die Patronenstreifen ein amtlicher Beleg für die generelle Leistungsfähigkeit von Wieland! Auch wirtschaftlich erlangt der Geschäftsbereich enorme Bedeutung, in den Kriegsjahren von 1914 bis 1918 werden 75 Prozent der in Vöhringen gewalzten Bleche zu Patronenstreifen verarbeitet.

Auszug Prospekt

Lange bietet Wieland eine breite Produktpalette für eine Vielzahl von Anwendungen an. Erst ab 1900 gewinnt die Halbzeugfertigung in Form von Blechen und Bändern an Bedeutung.

Briefkopf

1911 ist es für Wieland eine Selbstverständlichkeit, im Briefkopf nicht nur für „endlose Bänder“, sondern als Qualitätsbeweis auch für „Patronenhülsenmaterial“ zu werben.