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Story 107 – 1900 – Menschen Prozesse

Arbeit und Wohnraum aus einer Hand

In Vöhringen entstehen zahlreiche Arbeiterwohnungen

In weit größerem Maße als in Ulm errichtet Wieland in Vöhringen um 1900 Wohnungen und Häuser für Arbeiter und Angestellte. Auf der „grünen Wiese“ entstehen so ganze Wieland-Siedlungen, die vielen Familien über Jahrzehnte eine arbeitsplatznahe Heimat geben.

Mit dem Wachstum des Vöhringer Werkes Ende des 19. Jahrhunderts wächst auch die Einwohnerzahl des ehemals kleinen Ortes dramatisch. Allein zwischen 1900 und 1910 steigt die Bevölkerung um rund 50 % auf 2170 Personen. Für Wieland wird es immer schwieriger, geeignete Arbeitskräfte aus dem ländlichen Umland anzuwerben– Werkswohnungen und -häuser sollen Abhilfe schaffen.

Anders als in Ulm gibt es rund um das Vöhringer Werk genug Platz. Und so entstehen zwischen 1903 und 1910 nicht weniger als drei Wieland-Siedlungen an der Frauenstraße und an der Illerzeller Straße. 1913 zählt man 106 Wohnungen in 48 Häusern. Besonders beliebt sind die Doppelhäuser, deren Wohnungen aus drei Zimmern bestehen und zu denen jeweils ein kleiner Garten gehört. Eine einfache, aber wirksame architektonische Raffinesse liegt darin, dass Hauseingang und Garten auf der entgegengesetzten Seite des jeweiligen Nachbarhauses liegen.

Wie in Ulm, werden auch in Vöhringen sehr moderate Mieten verlangt oder die Wohnungen zu attraktiven Konditionen zum Kauf angeboten. Hierzu stellt Wieland günstige Kredite zur Verfügung. Diese werden Mitarbeitern zum Erwerb einer Immobilie auch weiterhin gewährt, als nach dem 1. Weltkrieg der Bau eigener Wohnungen eingestellt wird. Erst nach dem 2. Weltkrieg erbaut Wieland in Vöhringen nochmals 44 Werkswohnungen in eigener Regie.

Die in der Nähe des Werks entstandenen Wohnungen schaffen für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation: Wieland kann dadurch – und im Zusammenspiel mit anderen herausragenden Sozialleistungen – ausreichend Arbeitskräfte gewinnen. Und die Beschäftigten finden gut durchdachten, lebenswerten Wohnraum in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrem Arbeitsplatz. Viele Familien leben über mehrere Generationen in einer der Wieland-Siedlungen, deren Häuser im Laufe der Zeit modernisiert und renoviert werden – unter anderem durch den Einbau von Bädern. Noch heute prägen die ehemaligen Wieland-Wohnungen das Ortsbild von Vöhringen. Zum Werk gehören sie indessen nicht mehr, 1999 wurden sie verkauft.

Postkarte 1924

Welchen Zweck die Postkarte aus dem Jahr 1924 erfüllte, ist nicht bekannt ist. Sicher ist, dass sie besondere Häuser für Wieland-Angestellte zeigt.

Auszug Grundriss Wieland-Arbeiterhäuser 1909

Nicht allzu groß, aber zweckmäßig geschnitten und mit eigenem Garten: Plan für Wieland-Arbeiterhäuser aus dem Jahr 1909.

Arbeiterhäuser

Gut gedacht: Bei diesen Häusern an der Illerzeller Straße liegen die Eingänge an der jeweils gegenüberliegenden Seite der Doppelhäuser.

Lageplan für Arbeiterhäuser

Erstklassige Lage: Der Plan von 1901 zeigt deutlich, wie nahe am Werk die ersten Wieland-Siedlungen in Vöhringen liegen. Und dass sie (noch) mehr Fläche einnehmen als das Werk.
(Copyright Staatsarchiv Augsburg: BA Illertissen/2108)